Heimatlexikon Thaleischweiler-Fröschen – 1981- Historische Orgeln im Pirmasener- und Zweibrücker Raum

Historische Orgeln im Pirmasenser- und Zweibrücker Raum
Heimatkalender für das Pirmasenser und Zweibrücker Land 1981 - Von Bernhard H. Bonkhoff

 Aus der klassischen Zeit der Orgelbaukunst gibt es im Kreisgebiet von Pirmasens eine beachtliche Anzahl historischer Orgelwerke, die entweder noch vollständig erhalten sind, oder doch wenigstens mit ihren reich geschnitzten Fassaden das Auge des Betrachters erfreuen. Freilich sind die meisten historischen Orgeln dieses Grenzgebietes, darunter bedeutende Instrumente wie die Orgel der Alexanderskirche in Zweibrücken, 1738 von dem bekannten Meister Johann Michael Stumm geschaffen, die Karlskirchenorgel aus dem Jahr 1818 von den Gebrüdern Franz und Carl Stumm oder die Orgel der Lutherkirche in Pirmasens von Johann Georg Geib' von 1775 Opfer der verschiedenen Kriege geworden.
Die Kunst des Orgelbaus war in Zweibrücken durch Matthias Christian Baumann2 (1740 - 1794) gut vertreten; 1764 erstellte er für die reformierte Kirche in Ernstweiler ein Orgelwerk mit 8 Stimmen als Meisterstück. Im 19. Jahrhundert war in Zweibrücken der Orgelbauer Johannes Richtscheid ansässig. In Pirmasens wirkten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts als bewährte und solide Orgelbauer die Gebrüder Huber.3 Aus angrenzenden Gebieten arbeiteten folgende Orgelbauer im Kreis Pirmasens:
Ignatius Seuffert aus Kirrweiler bei Neustadt: 1792 neue Orgel für die kath. Kirche in Dahn.
Gebrüder Stumm: Contwig prot. Kirche 1843, Herschberg 1870, PirmasensJohanneskirche 1863 Neubau, Thaleischweiler 1787, Zweibrücken kath. ca. 1870. Johann Peter Toussaint aus Weyer bei Saarunion: 1738 ref. Kirche Hornbach (Prospekt des Werkes erhalten).
Philipp Daniel Schmidt (1736 - 1804) aus Meisenheim4: 1791 neue Orgel für die luth. Kirche in Hornbach, das Gehäuse ist in der prot. Kirche zu Wallhalben erhalten.
Wendelin Ubhaus aus Kirrweiler: 1832 neue Orgel für Merzalben.
Georg .Geib (1772 - 1847): neue Orgel für Schmalenberg 1837, Gehäuse erhalten.
Ludwig Geib aus Straßburg': 1814 neue Orgel für die Alexanderskirche in Zweibrücken (nicht erhalten).
E. F. Walcker & Cie Ludwigsburg bauten 1858 die von J. Heinrich Lützel entworfene Orgel für die Alexanderskirche in Zweibrücken, eines der bedeutendsten pfälzischen Orgelwerke des 19. Jahrhunderts, das 1911 von dem bayerischen Hoforgelbauer G. F. Steinmeyer/Öttingen vergrößert und mit einem neuen, reich geschnitzten gotischen Gehäuse umgeben wurde. Von Walcker sind im Kreisgebiet einige gute Orgeln auf mechanischen Kegelladen erhalten, so in den Kirchen von Althornbach 1884 und Luthersbrunn ' 1880.
Die schönsten Orgeln unseres Bereiches sollen im folgenden kurz vorgestellt werden:


Contwig: 1843 erhielt die damals noch simultane Kirche ein reich verziertes Orgelwerk aus der Stumm'schen Werkstatt, das in seinen wesentlichen Teilen bis heute erhalten ist und folgende Stimmen besitzt: Principal 8', Bourdon 8', Gamba 8', Octav 4', Flöte 4', Quint 3', Octav 2', Terz 1 3/5', Mixtur 3fach 1', Trompet 8', im Pedal: Subbaß 16', Octavbaß 8' und Violonbaß 8'. Leider hat man bei der letzten Renovierung die Prospektpfeifen nicht in größerer Länge eingebaut, was den Anblick der Fassade etwas stört.


Schmalenberg: 1837 fertigte Georg Geib aus Frankenthal diese schwere Orgel im klassizistischen Stil, die 1906 von J. Poppe/Offenbach ein neues, pneumatisches Werk erhielt, das 1954 von Walcker eine Klangaufhellung erfahren hat.


Herschberg: 1870 bauten die Gebrüder Stumm eines der letzten Schleifladen-werke hier auf, das bis heute unverändert, aber leider sehr verwahrlost und renovierungsbedürftig erhalten ist und folgende Disposition hat: Bourdon (ab c°) 16', Principal 8', Viola di Gamba 8', Octav 4', Geigenprincipal 4', Flöte 4', Quint 3', Octav 2', im Pedal: Subbaß 16', Octavbaß 8', Violonbaß 8'. Die Stumm's verzichteten damals oft auf die Klangkrone der Mixtur; ähnliche Werke sind in Waldmohr und in Konken (Kreis Kusel) erhalten.


Hornbach:. 1738 baute Johann Peter Toussaint aus Weyer in der Grafschaft Saarwerden (bei Saarunion) die erste Orgel dieser Kirche, ihre Fassade ist bis heute erhalten. 1768 baute Matthias Christian Baumann ein neues Werk ein, das 1892 abermals durch ein neues Werk, damals in völlig traditionellen Bahnen auf mechanischer Schleiflade, von Gebrüder Huber/Pirmasens ersetzt wurde. Nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges bauten die Gebrüder Oberlinger aus Windes-heim bei Bad Kreuznach im Toussaint'schen Prospekt eine neue Orgel ein. Die Disposition Toussaints lautete: Principal 8', Gedackt 8', Prestant 4', Flöth 4', Quint 3', Octav 2', Terz 1 3/5', Cornett 4f. 4', Superoctav 1', Mixtur 4f.-1', Trompet 8', im Pedal: Subbaß 16', Principalbaß 8'.


Pirmasens: 1775 baute Johann Georg Geib aus Saarbrücken eine prächtige Orgel auf 2 Manualen und Pedal, die um 1890 durch die Gebrüder Huber repariert und 1914 durch einen pneumatischen Neubau von Steinmeyer ersetzt wurde. 1945 verbrannte die Orgel durch Kriegseinwirkung.s

Orgel Thaleischweiler-600
Thaleischweiler: 1786/87 bauten die Brüder Philipp und Franz Stumm6 ein prächtiges, reich geschnitztes Orgelwerk, das 800 fl. und 1 Karoline Trinkgeld kostete. Es hatte folgende Stimmen: Bourdon 8', Principal 4', Flaut 4', Quint 3', Octav 2', Terz 1 3/5 ', Mixtur 3fach 1', Trompet 8', im Pedal: Subbaß 16', Octavbaß 8'. 1914 baute der Orgelbauer Poppe' aus Offenbach bei Landau im vorhandenen Gehäuse ein pneumatisches Werk mit 2 Manualen und Pedal ein, das 1954 durch Walcker/Ludwigsburg im Klang aufgehellt wurde. Vor kurzem wurde die Fassade der Orgel gut restauriert; sie ist ein Schmuckstück der Kirche.


Wallhalben: 1823 erwarben die Wallhalber Protestanten die 1791 von Philipp Daniel Schmidt aus Meisenheim erbaute Orgel aus der luth. Kirche zu Hornbach, die durch die Union von 1818 überflüssig geworden war. Sie hatte folgende Stimmen: Bourdon 8', Salicional 8', Principal 4', Flöte 4', Quint 3', Octav 2', Mixtur 3fach 1', Trompet 8', im Pedal: Subbaß 16' und Octavbaß 8'. Nachdem 1905 die Kirche neu erbaut worden war, fügte G. F. Steinmeyer/Öttingen in das historische Gehäuse ein pneumatisches Werk ein.
Zweibrücken: 1911 baute G. F. Steinmeyer/Öttingen in die durch Architekt Doflein/Berlin wiederhergestellte Kirche eines der größten pfälzischen Orgelwerke seiner Zeit ein, wobei die- schweren qualitätvollen Pfeifen E. Walckers aus dem Jahr 1858 wieder Verwendung fanden. Nur die mit + bezeichneten Pfeifen sind neu. Doflein hatte auch das reich verzierte und vergoldete gotische Gehäuse passend zum Stil der Kirche entworfen. Die Zusammenstellung der Register zeigt deutlich den romantischen Zeitgeschmack: die Grundstimmen zu 8' sind überreich in allen feinen Klangabstufungen vertreten. Ein reiches Arsenal von Hilfszügen: 3 Freie Kombinationen zum Vorprogrammieren von Klangmischungen, ein automatisches Pianopedal für das 2. und 3. Manual, eine Walze, mit der man den Orgelklang kontinuierlich vom feinsten Piano bis zum vollen Tutti regeln konnte, sowie Superoctavkoppeln II/I und Suboctavkoppel III/I erleichterten das Spielen dieser großen Konzertorgel, deren Einzelstimmen einmal vorgestellt werden sollen:

 Historische Orgeln im PS und Zw Raum (6)-400

Hierbei bezeichnet die Zahl hinter den Registernamen die Tonhöhe (8', d. h. 8 Fuß = normale Stimmlage, 1 Fuß = 30 cm, 8 Fuß also 2,40 m, die tiefste Pfeife dieses Registers ist 2,40 m lang).
Am 14. 3. 1945 ging die Orgel durch Bombenwurf mit der spätgotischen Alexanderskirche verloren. Nur im Bild können wir diese großzügige Anlage noch bewundern.
Seit dem 2. Weltkrieg ist eine Fülle neuer Orgeln entstanden, die die Orgellandschaft im Südwesten der Pfalz sehr bereichern und wieder mehr in den klassischen
Bahnen des Orgelbaus mit Schleifwindladen und mechanischer Traktur angelegt sind, etwa die Instrumente von Ott/Göttingen in der Alexanderskirche Zweibrükken, die Steinmeyer-Orgel in der Johanneskirche in Pirmasens und die neue Orgel von H. Mayer/Heusweiler in der kath. Kirche in Busenberg.

Anmerkungen:
1. B. H. Bonkhoff: Die Orgelbauerfamilie Geib und ihr Werk (in: Der Turmhahn, Blätter vom künstlerischen Schaffen und Bauen in der Pfälzischen Landeskirche 21,. 1977, Heft 1/2)
2. B. H. Bonkhoff: Die Orgelbauerfamilie Baumann und ihr Werk (in: Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für mittelrheinische Musikgeschichte Nr. 39, 1979, S. 510 - 532)
3. Über diese Orgelbauerfamilie liegt noch keine Forschung vor.
4. B. H. Bonkhoff: Die Pfälzer Orgelbauerfamilie Schmidt in Meisenheim, Rockenhausen und Kirchheimbolanden und ihr Werk (in: Nordpfälzer Geschichtsverein, Beiträge zur Heimatgeschichte, 59, 1979, S. 63 - 67, S. 94 - 99 und 60, 1980)
5. S. 8f der unter Anm. 1 genannten Schrift wird die Orgel mit Geschichte, Disposition und Bild näher erläutert.
6. F. Bösken: Die Orgelbauerfamilie Stumm aus Rhaunen-Sulzbach und ihr Werk (in: Mainzer Zeitschrift 1960)
7. Über Poppe liegt bislang noch keine Studie vor. Joseph A. Poppe wurde als Sohn einer bereits seit 1757 als Orgelbauer tätigen Familie am 11. Oktober 1879 in Stadtroda/Thüringen geboren und war ab 1911 in Offenbach als Orgelbauer ansässig. 1928 verlegte er seinen Betrieb nach Lan- dau. Da der Betrieb im 2. Weltkrieg ausgebombt wurde, ging die Werkstatt ein. Poppe starb am 4. April 1967 in Kirschweiler bei Idar-Oberstein.

 

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