Der Schloßkasper von Thaleischweiler
Erzählung von Emil Ludy - Bearbeitet von Gerhard Reischmann (Buch: 750 Jahre Thaleischweiler-Fröschen)
Diese Geschichte, die noch lange Jahre an den Stammtischen ihre Runde machen sollte, trug sich in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zu. Die Zeiten waren schlecht, und jeder Pfennig wurde "zweimal in der Hand herumgedreht", bevor er ausgegeben wurde. Wie auch anderen Berufsgruppen, ging es den Lehrern in dieser Zeit ausgesprochen schlecht. So legte auch der Lehrer in Rodalben, der in Thaleischweiler wohnte, die Strecke immer zu Fuß zurück. Allerdings schaute er sich stets nach einer günstigen Mitfahrgelegenheit um. So sah er eines Abends auch die Chance, "billig" nach Hause zu kommen. Auf der Höhe des "Steinenschloßes" überholte ihn ein Bauer bei seiner Kartoffelfahrt von Rodalben nach Thaleischweiler. Der Bauer selbst war auf dem Fuhrwerk eingeschlafen, die Pferde trotteten mit ihrer Last langsam nach Thaleischweiler. Diese günstige Gelegenheit nutzte der Lehrer um unter die Plane des Wagens zu schlüpfen. Im gleichen Augenblick wurden die Pferde ob des ungebetenen Fahrgastes unruhig, bliesen erregt durch die Nüstern und wieherten. Dar Bauer, mit allen Gewohnheiten der Tiere bestens vertraut, wurde sofort hellwach und bemerkte den ungebetenen Mitfahrer, der gerade auf seinen Wagen gestiegen und schon halb unter der Plane verschwunden war. Er schrie nach hinten: "Was ist denn da los, wer seid Ihr?" Der Lehrer, der nicht der kräftigste war, überlegte kurz und rief zurück: "Ich bin der Schloßkasper!". Der Bauer, pfiffig wie er war, hielt die Pferde an, nahm seinen Peitschenstiel und ging nach hinten, um sich den angeblichen Schloßkasper näher zu besehen. Der kräftige Bauer packte den "Schloßgeist" am Hosenboden, zog ihn über den Langwied ám Wagen und schwang seinen Peitschenstiel kräftig auf das Hinterteil des "Schloßgeistes". Ob dieser "Behandlung" nahm der "Schloßgeist" sofort wieder menschliche Gestalt an und schrie aus Leibeskräften: "Ich bin doch der Lehrer...... aus Thaleischweiler". Darauf der Bauer in seiner urwüchsigen Sprache: " Ei gut, dass du mir das sasch, du Aaschbletscher" (womit er darauf anspielte, dass der Lehrer den Kindern immer den "Allerwertesten" verdrosch) und setzte seine "Bemühungen" mit unverminderter Heftigkeit fort. Erst als der Peitschenstiel brach, wurde der Lehrer von seinen Leiden erlöst und verschwand so schnell er konnte in der Dunkelheit. Der Bauer setzte sich auf seinen Wagen und fuhr gemächlich nach Hause. Bei der nächsten Wirtshausrunde gab er dieses Erlebnis zum besten und hatte die Lacher und Spötter auf seiner Seite. Die Kunde von der "Heldentat" zog natürlich schnell durchs Dorf, und er areme Lehrer wurde von der Stund`an nur noch der "Schloßkasper" genannt.